Interview: Turbostaat

25. Oktober 2013 0
Interview: Turbostaat

Vor dem Konzert von Turbostaat im Musikbunker in Aachen trafen wir Bassist Torbert Backstage zu einem ausführlichen Interview. Neben dem aktuellen Album „Stadt der Angst“ und der Tour waren u. a. auch die Pläne der Band für´s kommende Jahr Thema. Das Video zum Interview findet ihr wie immer am Ende der Seite.

RaR-Blog: Hallo wie geht’s?

Tobert: Super!


RaR-Blog: Ihr seid mit eurer aktuellen Platte „Stadt der Angst“ schon ne Weile auf Tour. Wie kommen die neuen Songs beim Publikum an?

Tobert: Ich hab den Eindruck dass sie ganz gut ankommen. Wir spielen viele neue Songs live, weil deswegen macht man ja auch Platten. Damit man was Neues tun kann. Klar ist die Erwartung am Anfang immer so das man denkt: „Vielleicht gefällt´s auch niemanden“. Wenn du zu einem Konzert einer Band gehst dann findest du sie meistens auch ok und meistens auch mindestens ein Lied der neuen Platte. Hoffe ich zumindest mal. Aber es macht auch so den Eindruck. Wir können sie ins Set einbauen und es ist nicht so das gebuht wird.


RaR-Blog: Ihr seid ja eine echte Liveband. Es gibt kaum ein Jahr ohne ein Turbostaat-Konzert. Achtet ihr beim Schreiben von neuen Songs darauf, dass sie live auch gut zünden und das Publikum abgehen kann? Oder ist das eher zweitrangig?

Tobert: Das ist zweitrangig. Komplett. Wir schreiben Musik, denken uns Dinge aus, jemand hat ein Lied geschrieben, jemand will etwas Bestimmtes machen… Es zeichnet sich halt bei jeder Platte ab, dass es Lieder gibt die nicht so häufig gespielt werden. Das hat verschiedene Gründe und die sind meistens nicht rationaler Natur. Manche Lieder funktionieren, manchmal halt nicht so gut oder man hat gar keinen Bock drauf. Aber das wir Lieder schreiben explizit für Livesituationen ist Quatsch. Wir begreifen uns als Liveband und nehmen live unsere Platten auf und jedes Lied was wir geschrieben haben können wir auch live spielen.


RaR-Blog: Wie ist der Albumtitel „Stadt der Angst“ entstanden?

TurbostaatTobert: Wir haben diesmal relativ zu hadern gehabt. Beim Island Manöver gab´s inhaltlich einen Überbau der sich relativ zügig ergeben hat. Der  Titel und die Idee war so rechtzeitig da, dass man mit dem letzten Drittel oder der Hälfte der Lieder so in diese Richtung arbeiten konnte. Man hatte eine Gangart bzw. einen Weg. Und bei „Stadt der Angst“ hat es sich bis kurz vor Ende einfach so angehfühlt als hätten wir eine Compilation von Liedern gemacht und die brauchte halt einen Namen. Der Name viel irgendwann, es gab eine Illustration dazu die ich hatte und die das so ein bisschen versucht hatte zu visualisieren. Im Enddefekt war die Grundidee das Cover diesmal weiß zu lassen und nur einen Titel draufzuschreiben. Von meiner Seite denke ich über das Artwork: „Du musst dir die Lieder anhören  und die Texte lesen. Vielleicht ergibt sich da etwas für dich“. Im Endeffekt ist es ein Plattentitel. Das ist alles.

RaR-Blog: Gab es zum Plattentitel mehrere Ideen? Habt ihr euch zu dem Thema zusammengesetzt?

Tobert: Ja, wir entscheiden solche Dinge zusammen. Ich weiß da gab es irgendetwas… Wir haben uns damals mit Moses unserem Produzenten getroffen. Der Name viel und er hat gesagt: „Das ist es doch!“. Er hatte eine Erklärung bzw. eine Sichtweise die nachvollziehbar war. So gewinnst du halt Leute für Ideen indem du dich dafür begeistern kannst. Und ich konnte mich von Anfang an für den Titel ziemlich begeistern und wollte auch ganz gerne dass es der wird.


RaR-Blog: Lest ihr nach einer Veröffentlichung Kritiken zu euren Platten? Wie geht ihr intern mit negativer Presse um?

Tobert: Grundsätzlich les ich die immer.  Krieg ich zugeschickt und find ich total super. Ich find es nur ein bisschen langweilig, dass ich nie schlechte bekomme. Leute schicken einem ja immer nur Dinge die wirklich toll sind. Ich fänd´s mal interessant zu lesen was jemand scheiße findet. Das Plastic-Bomb hat irgendwann mal zu einer Platte geschrieben das sie langweilig ist. Das war aber auch schon alles glaub ich. Ich würd es wahnsinnig interessant finden wenn Leute nicht immer nur schrieben würden „Es ist alles so toll“ sondern auch mal aufschreiben würden was sie nicht so geil finden. Weil das ist ein Ansatz. Toll findet man es ja meistens immer. Ich les mir das durch. Ich finde es wichtig sich solche Sachen durchzulesen. Ich finde es halt schade, dass Musikjournalismus oft so generisch ist und du eigentlich immer nur dasselbe liest.

RaR-Blog: Aber jetzt extra nach „Turbostatt schlecht“ googlen tut ihr nicht oder?

Tobert: Ne. Man wütet da so rum an Songs und an nem Album, dass du dir den Arsch aufgerissen und nen Arm abgebrochen hast um die Platte rauszubringen. Und jetzt mal ganz arrogant gesagt irgendein Fatzke hört sich die an und findet die nicht gut… Wenn ich das ernst nehmen würde, dann bräuchte ich nicht das machen was ich gut finde, was ich mag und was ich kann. Dann würde ich ja für Leute irgendwelche Sachen machen und das mache ich nicht. Wir machen halt alle nur das was wir tun ohne mit dem Hintergedanken jemandem damit gefallen zu wollen. Es ist schön aber es ist kein Beweggrund.


RaR-Blog: Wie viele private Erfahrungen stecken in einer Turbostaatplatte?

Tobert: Alles.

RaR-Blog: Komplett?

Tobert: Ja klar. Klar bewegst du dich mit Liedern und Ideen in Bereiche wo du nicht so sicher bist. Taktung, Stimmung, Tonarten, irgendwas. Aber da wir eine Band sind die sich aus unterschiedlichen Leuten und ganz unterschiedlichen Backgrounds zusammengesetzt hat sind die Ansätze auch ganz anders. Also wenn ich mich hinsetzte und versuche zu splitten ob es harmonisch vielleicht drei weitere Lösungen für den Refrain gibt, gibt’s Leute in der Band die finden die alle gut. Es geht immer mit so einer Reibung miteinander rauszufinden was halt geht.


RaR-Blog: Wie schon für „Das Island Manöver“ habt ihr euch auch für die neue Platte weit weg von der Heimat eingeschlossen. Wie läuft bei euch das Songwriting ab?

TurbostaatTobert: Das wird leider immer falsch dargestellt, weil es einmal falsch gesagt wurde. Beim Island Manöver sind wir in einen kleinen Ort zu so einen kleinen Häuschen gefahren. Da haben wir das Wohnzimmer freigeräumt und haben dort unseren Kram reingestellt und zusammen gekocht, Fernsehen geguckt, rumgehangen, auf einander gewartet, miteinander Zeit verbracht und uns Lieder ausgedacht – wobei ein großer Teil des Albums entstanden ist. Und weil wir eine Band sind die wie jede andere zu Sackgassen und Wiederholungen neigt sind wir wieder dahin gefahren und haben es versucht und es ist nichts dabei passiert außer diesem Lied „Fresendelf“. Deswegen heißt es auch so. Es ist halt ein Abschluss von nem Kapitel wo man sagen kann: „Hey, das hat mal super geklappt das wir das so gemacht haben.  Muss aber nicht so laufen.“. Der Rest ist im Proberaum entstanden bzw. in akribischer Vorarbeit und dann final im Proberaum.


RaR-Blog: Die neue Platte ist auch wieder zusammen mit Moses Schneider entstanden, der z. B. in der Vergangenheit auch für Platten der Beatsteaks verantwortlich war. Was macht die Arbeit mit ihm so besonders?

Tobert: Moses versteht die Band. Moses versteht das wir unterschiedliche Ansätze haben – technisch sowie inhaltlich. Er hat Ahnung von dem was wir da machen. Von ihm kam auch die Idee Liveplatten aufzunehmen. Sicher auch weil er festgestellt hat das wir technisch gar nicht so gut sind das wir es anders könnten. Er ist einfach in der Lage zu gucken: „Was ist denn grade geil?“.  Das kann er super gut. Was einem selber manchmal irgendwie entfällt, weil man da so involviert ist. Man kann da gar nicht sagen das es grade toll ist was man macht oder nicht. Und wenn da so ein Typ ist der sagt: „Das ist doch ganz gut.“, kann das echt helfen. Oder er sagt: „Das ist echt Blödsinn.“, was aber auch helfen kann. (lacht)


RaR-Blog: Wie lange dauert es ein solches Album zu produzieren?

Tobert: Das Aufnehmen und im Endeffekt das Produzieren… Also wir produzieren nicht vor sondern schreiben komplette Lieder und Moses hört sich die an, macht ein paar Anmerkungen, wir sagen wo wir uns noch unsicher fühlen und sagen was wir nicht verstehen oder was nicht funktioniert. Wir gehen in´s Studio und haben vorher akribisch geübt und was wir im Endeffekt machen ist so etwas wie eine Theatergeneralprobenaufführung. Wir bauen alles auf, wir spielen unsere Lieder diverse Male nacheinander. Das er (Moses Schneider) dann ankommt und Bongos oder so etwas einspielen will ist eigentlich selten.


RaR-Blog: Marten schreibt so gut wie alle Texte. Setzt er sich mit Jan dann nochmal gemeinsam hin um Änderungen vorzunehmen oder werden die Sachen meist 1 zu 1 übernommen?

Tobert: Marten hat die Gabe das er Sachen aufschreiben kann die im Gewand „Turbostaat“ passen, weil das auch immer seine Sprache gewesen ist und wir alle verstehen das. Also es gibt nicht das jemand sagt: „Sing doch blau statt grün. Blau ist doch viel schöner“. Das würde ja vielleicht den Kontext total versauen. Da ist er stilsicher und sehr professionell was das angeht. Weil er halt in der Lage ist das zu tun. Wir akzeptieren das und heißen das auch gut. Wenn er Texte schreibt werden die nicht seziert und gesagt: „Können wir nicht über Pferde singen?“, sondern Marten hat da was zu sagen und das ist sein Teil an der Band. Den macht er dann und Jan ist die Stimme dafür mit der er es macht.


RaR-Blog: Wie entscheidet ihr welche Songs es aufs Album schaffen?

Tobert: Also bei der aktuellen Platte gab es mit Sicherheit doppelt so viele Lieder wie die die wir an Ideen umgesetzt haben. Es wird mit den Jahren auch immer schwerer sich zu einigen bzw. zu kommunizieren was jeder will. Ich kann nur von mir sprechen. Ich neige dazu zu übertreiben und bin gerne veranlagt zu sagen: „Dann machen wir halt ein dreier Album“. Macht natürlich zum Glück keiner mit. Wär ja auch für´n Arsch (lacht). Aber eigentlich war es bisher immer so, dass wir gerade so viele Lieder hatten wie auf´s Album sollten. Das war unser Fokus. Diesmal gab es zwei mehr. Eins ist die B-Seite von der jetzigen Single und das andere haben wir weggeschmissen.

RaR-Blog: Und auf der Vinyl gab es dann ja noch drei Songs mehr.

Tobert: Genau. Der Anreiz dahinter zu verstehen sollte sein ohne jetzt klugscheißen zu wollen: „Die ersten CD-Veröffentlichungen der 80er Jahre löschen sich lieber Musikfreund und dieses unsinnige Medium mit seinen vielleicht sinnvollen Inhalt verfliegt. Dafür hast du Geld ausgegeben. Das ist Quatsch! TurbostaatWenn du dir etwas kaufen möchtest was hält und sich gut anhört kauf dir eine Schallplatte. Wenn du schlau bist und du unsere Schallplatte kaufst, statt der CD, hast du den Vorteil dass sich in der Schallplatte ein riesengroßes Textheft befindet und die CD – beides zusammen.“. Ich denke das CDs und Downloadcodes und solche Sachen wichtig sind. Jeder hat ein mobiles Gerät – ein iPhone, iPod ein Samsung Space Traveler oder wie das Zeug heißt und soll dann auch damit seine Musik hören können. Das find ich voll ok, aber für uns als Band ist die CD ganz klar, auch wenn Leute das mögen, im Auto oder zu Hause, keine Musiktonträger. Es ist ein Datenträger der nicht sehr funktionell ist. Schallplatten mögen wir gerne und deshalb machen wir so etwas. Deswegen ist auf der Schallplatte mehr Musik um einfach zu sagen: „Komm Diggi. Es sind ein paar Euro mehr und da ist auch eine CD drin. Du hast riesen Texte, du hast die dicken Teile in der Hand, du kannst das ein bisschen anfassen. Ist doch ganz geil!“.


RaR-Blog: Ist es euch sehr wichtig euch musikalisch mit jedem Album weiterzuentwickeln?

Tobert: Es gibt glaub ich keinen grundsätzlichen Ansatz der so auf einer Agendaliste steht „Weiterentwickeln, besser werden, nicht so dick werden, bessere Schuhe tragen“. Gibt´s alles nicht. Aber klar ist das ein Grundbestreben. Nicht im Sinne sich zu überholen und progressiv zu werden aber den Status Quo abzuzeichnen wo man sich befindet. Um zu sagen: „Hier bin ich grade, das mach ich grade, das kann ich gerade“.  Das ist wichtig.


RaR-Blog: Eure Texte sind ja meist sehr kryptisch und heben sich von 0815-Lieder anderer Bands deutlich ab. Wie kam das damals bei der Bandgründung zu Stande? Könnt ihr euch vorstellen für eure Art deutlich andere Songs zu schreiben, die man so nicht mit Turbostaat verbinden würde?

Tobert: Ich kann natürlich nichts zu den Texten sagen oder die erklären, weil das ist Martens Angelegenheit – auch wenn ich sie verstehe. Die Behauptung dass die Texte kryptisch sind lasse ich seit der aktuellen Platte nicht mehr zu. Nur weil man etwas nicht versteht und man sich die einfache Lösung sucht um zu sagen: „Es ist unverständlich“ ist dies noch lange nicht die Ursache. Ich finde dass das Album textlich sehr zugänglich ist. Ich glaube wenn wir Lieder schreiben würden die „Eins, Zwei, Drei über´s Osterei“ gehen, würde es trotzdem niemand merken das wir es genau so meinen. Als Betrachter von außen, ich schreib die Texte ja nicht, kann ich sagen das da Zugänglichkeiten drauf sind die wir vorher nicht hatten. Das denke ich so als Fan. Wenn es keiner Floskeln mehr bedarf um Sachen zu erklären sondern um grundsätzlich zu sagen: „Frei.Wild sind eine beschissene Nazi-Band“, dann muss man das vielleicht auch mal machen. Wenn es dann drückt und es der Fall sein sollte oder vielleicht Erdbeerjogurt nicht so lecker ist und nicht nach Erdbeeren schmeckt, kann das alles passieren. Ich bin mir da nicht sicher. (lacht)


RaR-Blog: „Stadt der Angst“ ist eure fünfte Platte. Wird die Auswahl der Songs für eine Setlist mit jedem Album schwerer?

Tobert: (lacht) Ja, das ist echt schwer. Das ist sehr schwer und deswegen haben wir es diesmal auf der Tour gebrochen. Wir haben uns immer total zersägt und zerfleischt wegen Setlisten, weil man über die Jahre sich auch angewöhnt hat wie der andere Tickt. Ich habe mich immer rausgezogen und gesagt: „Ich mach keine Setlisten. Da habe ich keinen Bock drauf.“. Auf der jetzigen Tour haben wir gesagt: „Die und die Lieder sind im Pool – die spielen wir bzw. die können gespielt werden und jeder schreibt noch ein bisschen was auf“. Man hat dann gemerkt das an Abenden wo alle richtig bock haben es auch rechtzeitig gemacht wird. Das auf Zettel geschrieben wird, groß mit Edding, mit Ãœbergängen – wer macht was und welcher Ton. An Tagen wo keiner Bock hat steht das dann mit Kugelschreiber auf einer Serviette geschrieben und man verheddert sich so im Unvermögen. Es ist sehr schwer gerade jetzt. Wir befinden uns in dieser Phase, dass wir ganz gerne wieder alte Sachen spielen wollen. Dann entstehen halt diese Zwiespältigkeiten wo man dann halt sagen muss das dieses eine Lied nicht gespielt wird . Wo jemand anderes sagt: „Oh das ist aber so wichtig.“.  Mein geheimes Ziel ist es ja diese Setlist live zu spielen wo die Lieder drauf sind die keinen interessieren um zu beweisen das das auch ok ist oder mir selber zu beweisen das ich einfach total falsch liege. (lacht) Was natürlich auch voll ok wäre. Irgendwann in Ulm oder so…


RaR-Blog: Heute spielt ihr in einem alten Bunker in Aachen. Eine eher ungewöhnliche Lokation in der ihr bereits in der Vergangenheit zu Gast gewesen seid. Was ist euch von den letzten Konzerten hier in Erinnerung geblieben?

Tobert: Das ich mich permanent verlaufe. Ich verlasse nach einer gewinne Zeit den Bunker nicht mehr, weil ich mich an dem Weg nicht mehr erinnern kann. Das man zum Gegenteil von „Leergut“ hier „Vollgut“ sagt. Und sonst.. ähm

RaR-Blog: Nervt euch nicht diese blöde Säule die genau vor der Bühne steht?

Tobert: Es gibt überall auf der Welt diese Säulen. Bei einigen Bühnen sind sie auf der Bühne – das (!) ist schlimm. (lacht) Aber nö, das ist ok. Es gibt immer jemanden der sich da breitbeinig gegenstellt weil er keinen Bock hat und das ist voll ok.


RaR-Blog: Habt ihr Zeit euch die Tourstädte anzusehen?

TurbostaatTobert: Wenn wir mit dem Nightliner fahren wie grade, dann ja. Mal angenommen die verehrten Veranstalter möchten früh auftauchen und die Tür aufschließen und uns Strom geben. Dann ist man mit dem Bus natürlich früh da und kann gucken, rumlaufen oder schwimmen gehen. Auf der Tour jetzt hatten wir kurze Strecken aber es war organisatorisch oft nicht möglich früh anzukommen. In der April/Mai-Rutsche wo wir auf Tour waren hat´s geklappt in München in´s deutsche Museum, in´s Kino oder essen zu gehen. Ich, Marten, Hauke und Chris der Lichtmann versuchen das halt auch ein bisschen durchzuziehen. Off-Day heißt halt: „Sachen machen“. Man kann nicht die ganze Zeit Dexter gucken. Vor allem bei dem Ende!

RaR-Blog: Bitte noch nicht verraten. Ich hab´s noch nicht gesehen!

Tobert: Ohh..


RaR-Blog: Der Musikbunker ist einr echt kleiner Club. Im Sommer spielt ihr meist auch auf Festivals. Wo spielt ihr lieber und wo sind für euch die Unterschiede, abgesehen von der Zahl der Fans vor der Bühne?

Tobert: Das ist vielleicht ein bisschen albern aber es ist tatsächlich die Realität – Ich interessiere mich für Aufbauten. Verstärker, Gitarren, Kabel und die ganzen Dinge. Das gucke ich mir auf Festivals unglaublich gerne an. Ich habe früher Festivals gehasst. Ich war immer der der gesagt hat: „Nenene, wie spielen niemals Festivals!“, weil ich früher nie begriffen habe warum so viele Leute so viel Geld für Bier trinken, im Regen stehen und ganz viele Bands angucken ausgeben. Mittlerweile verstehe ich das sogar als Zuschauer. Aber da treibe ich mich gerne rum und gucke mir Aufbauten an. Wie machen andere Bands das? Auf Tour bist du da etwas isolierter. Da hast du aber den Vorteil dass da Leute zu den Konzerten kommen weil sie dich sehen wollen. Grade nach diesem Sommer steht das eigentlich in keiner Verhältnismäßigkeit zu gewissen Clubshows wo wir immer vor 200 Leuten spielen oder auch mal weniger – in Österreich zum Beispiel. Und auf Festivals flippen die total aus. Da fragt man sich manchmal so ein bisschen: „Wo sind jetzt noch die Prioritäten?“. Balabing, Red Bull, BumBum und so Hauptsache WLan oder dann doch ne Band angucken. Ich versuche das noch rauszufinden. Ich bin mir da noch nicht so ganz sicher. Ich mag beides mittlerweile sehr, sehr, sehr gerne. Ich finde auch grade den Mix gut aber ich würde im Sommer keine Clubshows mehr spielen, das ist immer viel zu warm.


RaR-Blog: Nachdem die letzten beiden Platten unter dem Majorlabel Warner veröffentlicht wurden, seid ihr für „Stadt der Angst“ zu Clouds Hill, einem kleineren Label gewechselt. Es ging also praktisch „back to the roots“. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Tobert: Ich kann da nur für mich sprechen als Teil der Band, primär aber auch als Person weil ich mich auch um diesen Wechsel gekümmert habe. Im Endeffekt ist es doch so: Eine Band fährt auf Tour, eine Band spielt Konzerte, eine Band macht Schallplatten, möchte die aufnehmen, schreibt Lieder und so weiter. Da muss jemand sein, ein Plattenlabel das sagt: „Ich will das rausbringen. Das ist geil was du machst. Ich bin Fan oder will mir eine goldene Nase verdienen“. Was auch immer, da gibt es zwei Möglichkeiten. Bei denen mit der goldenen Nase geht´s ganz klar um Kohle – vollkommen ok. Bei denen „ich bin Fan“ geht es im Enddefekt darum, jemand will mit dir zusammen etwas machen. Wir hatten unsere Vertragsauflagen bei Warner erfüllt, hatten aber durch diese Jahre beim Major gelernt, dass man langfristig plant und wir hatten einen Plan. Lieder schreiben, aufnehmen, dann auf Tour gehen, dann rausbringen bala bin bala bin.Turbostaat An dem Zeitpunkt wo die Platte quasi fertig war, ein paar Tage bevor wir ins Studio gingen, war halt nicht klar: Wer macht diese Platte? Wer kümmert sich darum? Was geht? Ich hab mich dann irgendwann eingeschaltet und selber, wie früher auch, agiert und Freunde angerufen und gefragt: „Was geht?“. Um es abzukürzen: Wir hatten einen Plan und der war lang und ziemlich gut. Wir hatten eine Platte, von der wussten wir nicht ob sie lang und gut wird. Sie ist auf jeden Fall lang geworden (lacht). Ich hatte halt den Eindruck, dass dieses „Fan-Ding“ einfach nicht da war. Zu dem Zeitpunkt wo wir sagten dass wir ins Studio gehen und niemand wusste wie es laufen soll hatte sich eine Sache unter einem Motto ergeben. Das Motto 2013 war: „Nur weil man nicht weiß wer die Rechnung bezahlt, darf man nicht aufhören geile Sachen zu machen.“. Wir sind einfach ins Studio gegangen. Wir hatten zu dem Zeitpunkt keine Plattenfirma und kein konkretes Angebot. Die Firma Clouds Hill, wo wir die Platte auch aufgenommen haben, waren die einzigen die gesagt haben: „Die Platte ist aber geil. Sollen wir die mal rausbringen?“. Dann haben wir uns zusammengesetzt und haben gesagt: „Kann das funktionieren? Mal gucken!“. Das Gefühl war da. Da ist jemand der deine Platte rausbringen möchte. Und das ist total wichtig, dass da Leute sind die dir das Gefühl geben: „Ey, das was du da machst will ich rausknallen!“. Wenn das nicht da ist kannst du mit den Leuten auch nicht arbeiten. Bei uns ist es so das Clouds Hill eine Reise ist, ein Versuch der super funktioniert. Wir sind da sehr, sehr glücklich. Wir können aufnehmen, wir können rausbringen was wir wollen. Wir fahren mit unsere Band rum und spielen unsere Lieder, besser kann es nicht laufen.


RaR-Blog: Wie wichtig ist es euch eigentlich aktuelle Themen mit auf eine Platte zu packen? Damals z. B. die Sache mit dem Kannibalen aus Rothenburg oder auf der aktuellen Platte die Nominierung von Frei.Wild für den Echo?

Tobert: Total. Jeder auf seiner Art und Weise nimmt wahr was passiert und solche Gefühle transportieren sich ja auch auf Situationen. Wenn es einer Band nicht gut geht, weil nebenan die Kirche brennt, wirst du das hören.

RaR-Blog: Wie spontane war die Aktion? Ich habe nochmal nachgeschaut. „Stadt der Angst“ wurde am 05. April veröffentlicht, der Echo wurde Ende März verliehen.

Tobert: Das Lied war schon ein Jahr vorher fertig. Diese Problematik ist ja keine neue. Womit wir es da zu tun haben ist folgender Umstand – und das betraf auch uns in gewissen Phasen zu sehen: „Das Geld liegt nicht nur einfach so auf der Straße. Sondern man muss es aufheben, möglichst schnell und damit mit dem Ferrari wegfahren.“. Auch in der Plattenindustrie gibt’s Schwierigkeiten – Wirtschaftlich. Die Relativierung von Inhalten, von ganz klaren rechten Inhalten und die Verklärung von dessen wo man es vielleicht „vermarktbar“ oder „lukrativ“ nennt und Sätze die wir persönlich aus dem Umfeld großer Medienkreise gehört haben wie: „Es muss eine Band gefunden werden, die die Lücke schließt die die Onkelz hinterlassen haben“, finanziell und wirtschaftlich gesprochen, darin gibt’s eine Bereitschaft. Das zeichnet sich dadurch ab das man sagt: „Wenn ich damit ganz viel Geld verdienen kann und wenn ich dem Ganzen ein Brand aufdrücken kann“ oder: „Das ist doch nur Kumpelrock“, dann sind die Beweggründe der Leute und derer die daran verdienenden egal. So rücken abgründige, menschenverachtende, rechte, radikale Inhalte – Naziquatsch – immer mehr in die Öffentlichkeit. Das ist schon total lange und immer so. Es wird immer stigmatisiert an dieser Band. Es hat aber mit denen entscheidend wenig zu tun weil im Enddefekt passiert das an allen Ecken und Kanten. Deswegen gibt´s das Lied schon voll lange. Es ist ja auch nicht das erste Mal das sie nominiert sind. Um die die Flitzpiepen geht’s gar nicht. Es geht einfach um dieses Prinzip und das ist da und wird größer. Man sollte diese Achtsamkeit erhalten. Wir sind ne linke Punkband und was wir sagen möchten wir auch das verstanden wird.


RaR-Blog: Wie sind eure Pläne fürs nächste Jahr?

TurbostaatTobert: Die Touren dieses Jahr zu Ende spielen und ein bisschen mehr Zeit auf dem Spielplatz verbringen. Marten und ich fangen höchstwahrscheinlich im Januar an uns mit Ideen zu bewerfen. Wir würden es ganz gut finden nicht so lange bis zur nächsten Platte zu warten wie bisher. Mal gucken was passiert wenn man früher anfängt. Ich denke wir werden nächstes Jahr viele Festivals spielen und ich denke wir werden auch noch eine Tour spielen. Das Hauptaugenmerk ist aber definitiv sich neue Sachen ausdenken. Ich muss sagen das ich sehr gerne auf Tour fahre, aber das ausdenken und machen von einer Platte hat so einen gewissen Reiz den ich ganz gerne mehr in den Alltag kriegen will. Das man halt nicht sagt das man sich drei Jahre lang bescheuert spielt, man den Kopf leer hat und man nicht weiß was man tun soll. Sondern vielleicht zu einem Zeitpunkt wo es noch läuft und alles toll ist. Vielleicht klingt die dann anders, vielleicht auch nicht. Mal sehen.


RaR-Blog: Nochmal zurück zum Albumtitel „Stadt der Angst“ – Was sind deine persönlichen Ängste?

Tobert: Alle die, die alle haben. Wir sind alle relativ arm, unzufrieden, gelangweilt, unterfordert, schlecht angezogen, furchtbar frisiert. Was auch immer. Wenn man es so will: Ich spiele in einer Band, ich mache nichts anderes, ich hab zwei Kinder, hab eine Frau, ich hab ne Bude. So alltägliche Dinge: Bekomme ich es gewuppt? Muss man irgendwann aufhören Musik und Kunst zu machen? Diese Ängste sind immer da. Wer ist sich schon sicher?


RaR-Blog: Eure Texte sind mitunter sehr kritisch. Was müsste sich eurer Meinung nach bei uns in Deutschland grundlegend ändern?

Tobert: Oh die 25 Minuten reichen nicht. Alles. Erst mal Staat abschaffen. Tschüss

RaR-Blog: Ja.. Und dann?

Tobert: (lacht) Da bleiben wir bei. Erst mal machen.


RaR-Blog: Ihr seid ja als Nordlichter ja sehr stark Heimatverbunden. Welche Orte muss man sich eurer Meinung nach auf jeden Fall in Flensburg ansehen?

TurbostaatTobert: Das Ostseebad ist toll. Du läufst halt aus der Stadt an einem total schönen Hafen vorbei. Gerade abends im Sommer mit den gelben Lichtern, dieses „Biertrinken und verliebt sein-Licht“. Da kann man so am Wasser langlaufen und irgendwann ist man an diesem Ostseebad. Das ist einfach ein Strand, der ist schön. Da bin ich viel gewesen. Und in Husum, wo wir eigentlich herkommen… Eigentlich alles bei Nacht. Also wenn keiner da ist. Denn dann hat man zwischen all diesem leerstehenden Verfall noch die Chance zu sehen… Ja wenn das Licht aus ist und du den ganzen Mist nicht siehst kann man auch geil dranvorbei laufen. (lacht)


RaR-Blog: Danke für´s Interview.

Tobert: Gerne!

 

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